Heimische Pflanzen - Es ist kompliziert
19. Oktober 2024 - Ein gar nicht mehr so neuer Gartentrend ist die zunehmende Verwendung heimischer Pflanzen. Ich habe auf Pflanzschildern neben der Biene zwar noch kein Heimat-Siegel oder Zertifikat entdecken können, aber das Wort heimisch taucht doch immer häufiger auf. Man kann nur staunen, wie viele Gewächse im Handel plötzlich heimisch geworden sind. Und tatsächlich wird dieser Fachbegriff aus der Botanik in sehr vielen Fällen falsch verwendet. Wer im norddeutschen Flachland wohnt und gärtnert, sollte nicht annehmen, dass ein Eisenhut aus den Alpen auch in seinem Teil der Republik heimisch ist. Von den auf diesen Eisenhut spezialisierten Insekten ganz zu schweigen. Wollte man seinen Garten wirklich streng mit heimischen Stauden gestalten, reicht ein Blick in die nähere Natur- und Kulturlandschaft der eigenen Umgebung. Da gibt es dann Wiesen, die maximal ein paar Wochen im Jahr ihre bunte Pracht präsentieren, in Wäldern überzeugt meist das Frühjahr, aber immerblühende Beete sind mit ausschließlich echten Heimischen kaum zu erreichen. Oft stehen für einen speziellen Standort im Garten überhaupt nur sehr wenige Stauden zur Auswahl, da wird es mit heimischen ganz eng. Vielleicht tröstet dann ja ein Blick auf die tatsächliche Öko-Leistung einer Staude, denn selbst solche aus Asien oder Amerika dienen vielen Wildbienen als Nahrung und in der Gartengestaltung verlängern sie uns den Blütensommer. Und vergessen wir nicht, auch Tagfaltern, Vögeln und anderen Tieren dienen Pflanzen als Nahrung. Fledermäuse, wie zum Beispiel die ganze Mückenschwärme vertilgende Zwergfledermaus, werden durch Nachtfalter in den Garten gelockt, und die lieben Nachtkerze, Königskerze, Phlox und Taglilien. Es gibt sogar schon fertige Fledermaus-Pflanzmischungen aus Gärtnereien.
Wer es ernst meint mit den heimischen Gewächsen greift übrigens zum Rothmaler. Die „Exkursionsflora von Deutschland“ listet die gesamte Flora, beschreibt sämtliche Arten und ihr Vorkommen und hilft bei der Bestimmung von Gräsern, Stauden und Kurzlebigen. Das Arbeiten mit dem Buch erfordert eine gewisse Einarbeitungszeit, bis alle Abkürzungen erlernt sind. Wer viel am Computer sitzt, kann neben der gedruckten Ausgabe auch eine digitale Version erwerben. Das erleichtert die Suche enorm.
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▲ Übersicht der Gartenkolumne "In meinem Garten"
Die Kolumne „In meinem Garten“ erscheint seit August 2018 sechsmal im Jahr im Magazin "Im Garten". In der Kolumne schildert Gartenplaner Torsten Matschiess Erlebnisse aus dem Alltag der Gartengestaltung. Alles dreht sich um Pflanzen, ihre Verwendung und empfehlenswerte Bücher über das Gärtnern. Sie erhalten das Magazin kostenlos in vielen Raiffeisenmärkten, Volks- und Raiffeisenbanken sowie Gartenfachmärkten.